Eva Walker arbeitet ausschließlich mit Druckgrafik und Zeichnung. Meisterhaft versteht sie es, in ihren vorwiegend schwarz-weißen Arbeiten rätselhafte Bildräume entstehen zu lassen. In der Serie „Echo“ nutzt sie geometrische Elemente, die in ihrem abstrakten Kosmos nichts Gegenständliches haben, sondern als Metaphern für Sortierung und Ordnung stehen. Während des Zeichnens legte Walker häufig ein zweites Blatt Papier unter das Zeichenpapier. Da sie randlos zeichnet, kommt es zu Spuren der Zeichnung auf dem darunterliegenden Blatt, die sie im nächsten Schritt dann aufnimmt und weiterbearbeitet. Den Zeichnungen sind immer Bezüge zur vorangegangenen Arbeit immanent und die Bildidee zieht sich von Werk zu Werk. Immer wieder testet sie die Grenzen von Material und Idee, setzt dem widerständigen Papier rohe Gewalt entgegen, bis es sich aufraut und eine verwittert scheinende Oberfläche entsteht, die schon mal löchrig wird. Auch so entstehen Spuren auf dem Blatt darunter. Deutlich reduzierter sind die Radierungen der Serie „Vermessung“. Zarte weiße Linien kriechen und wuchern auf schwarzem Papier. Im Hinblick auf den Titel deutet man das Liniengewirr vorschnell als Landkarte, tatsächlich geht es aber um die Vermessung des Menschen. Walker hat sich in Bibliotheken anatomische Studien des Menschen angeschaut und diese dann aus der Erinnerung auf die Druckplatten aufgebracht. Mit diesem Wissen meint man Röntgenbilder in dem Werk zu erkennen. Wie Schichtungen einer Computertomografie überdruckt die Künstlerin dann stellenweise die schon vorhandenen Linien. So entstehen Brüche in der Arbeit, harte Kanten und Wiederholungen oder die Farbe aggregiert. Die gleichen Druckplatten nutzt sie anschließend für andere Bilder und so kommt es zum Weitertragen der Bilder in die Werke der Serie „Interferenz“. Hier ergänzt sie die weißen Filamente durch Farbigkeit und flächig-biomorphe Gebilde. Walkers Werke sind nicht nur formalästhetisch ansprechend, sondern auch von hoher Intellektualität geprägt.
Bülent Gündüz
Kunstkritiker, 2022